Einleitung: Jawoll, hier ist er, mein erster Clone eines Moog Moduls. Meine Wahl fiel auf den spannungsgesteuerten Hochpassfilter 904B als erstes zu klonendes Modul, da ich noch keinen 4 Pol 24db VCHPF besaß. Ich besaß zwar schon einen 12db Hochpassfilter als Bestandteil meines Formant State Variable Filters, der jedoch nicht so sauber arbeitet / klingt wie der Moog Clone. Ein Hochpassfilter lässt einen Sound nasaler klingen, in dem die höheren Elemente des Frequenzspektrums betont werden. Wichtig als Klangbestandteil für Trompeten- / Brass-Simulationen oder ähnliches. Man kann das auch sehr schön in Oszilloskop - Bildern erkennen (s. u.), wo Signalflanken so lange betont werden, bis nur noch Nadeln übrig bleiben (kann man als hohes Sirren hören). Schaltung: Das ist bei diesem Modul ziemlich verwirrend. Ich habe nämlich drei verschiedene Schaltungsvarianten gefunden. Die erste Version ist mit "DATE 6/23/70 DWG. NO 1118" unterschrieben. Nach diesem Schaltplan habe ich Modul gebaut, und es hat nicht funktioniert. Nein, ich habe beim Bau keinen Fehler gemacht. Ich habe alles mehrfach geprüft, und ich habe definitiv keinen Fehler gemacht. Das Ding lief einfach nicht. Dann habe ich ein Spice-Modell davon gemacht. Spice meinte ebenfalls, das könne nicht funktionieren. Ich verglich die hier simulierten Spannungsverläufe mit denen meines real aufgebauten Moduls, und beide zeigten das gleiche falsche Verhalten. Wochen später habe ich den Fehler im Eingangsdifferenzverstärker des Steuerspannungsmischers gefunden. Zumindest laut Spice und nach meinen Erfahrungen ist es ein Fehler. Ich kann jedoch nicht sagen, ob die Schaltung mit originären Transistoren funktioniert hätte. Ich glaube jedoch, dass nicht. Der selbe "Fehler" ist übrigens in meinem Moog Modular Service Manual verzeichnet, meiner zweiten Schaltplanversion. Dann habe ich eine dritte Variante gefunden, deren Steuerspannungsmischersektion mit der anderer Moog Module übereinstimmte. Ich baute ein Spice-Modell daraus, und Spice sagte "Jawoll". Ich habe das Modul dann wirklich aufgebaut, physisch und in 3D, und es arbeitet wunderbar, endlich, hurra! Und hier ist mein Spice-Modell der orginären Schaltung. Achtung: Aufruf des Schemas bedeutet Akzeptanz des Link Disclaimers am Seitenende! Das Spicemodell zeigt die Situation "FREQUENCY RANGE" - Schalter in geschlossener Position. Weiterhin ist nur ein Control Voltage Connector mit dem Control Node verbunden. Trimmer und Potis, die als Spannungsteiler arbeiten, sind als Set von zwei Widerständen mit Mittelabgriff dargestellt. Die untere Hälfte des Schaltplans zeigt den Steuerspannungsmixer und einen nachgeschalteten Inverter. Die von den Steuerspannungseingängen J2 - J4 eingehenden Steuerspannungen, die am Regler für FIXED CONTROL VOLTAGE eingestellte Steuerspannung und die über den internen Control Node des Moog Ports eingehende Steuerspannung werden in einen internen Steuerspannungsbereich von -.45V bis -.65V als -E und .45V bis .65V als +E konvertiert (siehe auch Originalschaltpläne): Die Steuerspannungsmischung wird tiefpassgefiltert (C1, R1), passiert einen Satz von Differenzverstärkern (Q1, Q2 und Q3, Q4) und wird von einem Kollektorfolger invertiert (Q5). Mit dem Rückkopplungstrimmer Scale_Trim_1 stellt man den gewünschten internen Steuerspannungsbereich ein, wie bei einem Rückkopplungswiderstand einer Operationsverstärkerstufe (Übrigens: Diese Art der Steuerspannungsmischung ist eine Moog-Standardfunktion und man findet sie auch bei vielen anderen Moog-Modulen). Die Ausgangsspannung der ersten Stufe (-E) ist der Input für den Steuerspannungsinverter (über R65), der genau so wie die erste Stufe aufgebaut ist. Die obere Hälfte des Schaltplans besteht aus dem 4-Pol spannungsgesteuerten Hochpassfilter. Das zu verarbeitende Eingangssignal wird mittels Spannungsteiler R15 / R16 auf ca. 1.4% der eingehenden Amplitude reduziert und dann der vierstufigen Filterkaskade zugeführt. Jeder Filter besteht aus einer komplementären Darlingten-Zelle (Sziklai Paar, z. B. Q6 Q7) und einer Komplementär-Verstärkerstufe (z. B. Q8 Q9). Letztere arbeitet als spannungsgesteuerter Widerstand und bildet in Serie mit einem Kondensator-Satz (z. b. C8, C9, C10 und C21) einen Hochpassfilter. Jeweils zwei der Kondensatoren können mittels FREQUENCY RANGE Frontplatten-Drehschalter vom Rest der Schaltung abgekoppelt werden. Das verschiebt die Cutoff Position der Filtersufe von "lower" nach "higher" Frequenzbereichen. Wie bereits erwähnt werden vier Filterstufen hintereinander passiert. Danach bringt ein Ausgangsverstärker die Amplitude des Signals wieder auf den ursprünglichen Wert. Hier musste ich die Schaltung total ändern. Die komplizerte Ausgangsstufe der Originalschaltung habe ich im Spice-Modell nicht zum Laufen gekriegt. Prinzipell stellt diese Ausgangsstufe wieder eine Sziklai-Zelle mit Emitterfolger dar, aber da Spice damit nicht zurecht kam, habe ich die Schaltung kurzerhand mit einer simplen Differenzverstärker-Ausgangsstufe versehen. Das funktioniert wunderbar, auch in der Realität, nicht nur in der Simulation. Diese Ausgangsstufe hat einen Verstärkungsfaktor von ca. 140, so dass das gesamte Modul eine Verstärkung von ca. 2 aufweist. Setup und Test: Getestet habe ich das Modul mit meinem Formant Modular System. Und es läuft super. Meine Version des 904B kann auch die höheren Signalpegel des Formant verarbeiten, nicht nur die kleineren Moog-Pegel. Das Eigenrauschen des T904B ist ok. Es rauscht weniger als mein Formant State Variable Filter. Unglücklicherweise kann ich das Modul nicht mit einem Original vergleichen, also kann ich auch nicht prüfen, ob meine Schaltungsänderungen, speziell mein Endstufen-Primitive irgendwelche negativen Einflüsse auf die Klangqualität hatten. Aber ich denke nicht, da das Modul an sich gut klingt. Einige Modul-Setups müssen gemacht werden. Die Scale-Trimmer müssen für die gewünschten internen Steuerspannungsbereiche (s. o.) eingestellt werden. Außerdem kann das gleiche Filterverhalten pro Oktave abgestimmt werden. Der Level-Trimmer bestimmt, wo im Eingangsfrequenzspektrum die Filterung anfängt, also bis zu welcher Frequenz das Eingangssignal mehr oder weniger unverändert durchgelassen wird. Diesen Wert habe ich ganz nach unten gedreht, um bei einem Steuerspannungswert von -6 ein Eingangssignal auch im untersten Bereich noch unverändert durchzulassen. Übrigens die Werte (-6 bis 6), die auf dem Frontpanel eingraviert sind, stimmen nicht mit den Werten überein, die das Poti tatsächlich liefert, sondern stellen das Verhalten des Moduls dar, als wäre eine entsprechende Spannung an einem Steuerspannungseingang angelegt worden. Bauteil-Ersatztypen: Ich habe versucht, das Modul so genau wie möglich nach den Originalplänen zu bauen. Nichtsdestotrotz musste ich ein paar Bauteile durch aktuelle ersetzen:
Frontend: Das Frontpanel ist sehr großzügig ausgelegt. Es hat die doppelte Moog-Standard-Frontpanelbreite (2 x 2.125"). Ich weiß nicht warum, denn die paar Frontpanelelemente hätte man locker auf die halbe Breite gekriegt. Heutzutage sind die Panels schmaler, und man hätte für das 904B eine einfache Breite wählen können, ohne Funktionalitätseinbußen hinnehmen zu müssen. Egal, die Funktionen des "Human Interface" (Klinkenbuchsen, Schalter, Potis) meines T904B sind identisch zum Original. Wie oben erwähnt sind die Spannungswerte, die um das FIXED CONTROL VOLTAGE - Poti herum eingraviert sind eine Fälschung, da das dahinterliegende Poti lediglich einen Teilbereich dieser Spannungen liefern kann (siehe Schaltung), aber die Reaktion des Moduls darauf ist genau so, als wäre die eingestellte Spannung an einem der Steuerspannungseingänge tatsächlich angelegt worden. Der FREQUENCY RANGE - Schalter koppelt eine Teilmenge der Kondensatoren der Filtersektionen vom Rest der Schaltung ab, so dass der Frequenzbereich / Cutoff - Punkt sich nach oben verschiebt. Die 6.3 mm Klinkenbuchsen tun das, was darüber eingraviert ist. Es gibt keine Regelpotis dafür; das wird durch vorgeschaltete 995 Attenuator-Module erledigt. Platine des T904B:
Vollständiges Modul:Bild eines hochpassgefilterten symmetrischen RechtecksignalsSoundbeispiele
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